Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal

"Ist es nicht schrecklich, wenn man schon mit 26 Jahren die Eiswüste vor sich sieht?"

Dr. Cläre Tisch, der erste "FrauenOrt NRW" in Wuppertal

Cläre Tisch wurde als mittlere von drei Töchtern des jüdischen Eierhändlers Leo Tisch und seiner Frau Adele am 14. Januar 1907 in Wuppertal-Elberfeld geboren. Sie studierte in Bonn Wirtschaftswissenschaften und promovierte 1931 in Bonn bei Prof. Dr. Alois Schumpeter. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war es ihr als Jüdin nach 1933 nicht mehr möglich, weiter an der Bonner Universität zu arbeiten, so dass sie ihre gesamte Arbeitskraft nun der jüdischen Gemeinde und ihrer Familie in Wuppertal widmete. Ihre wie sie selbst unverheiratete Schwester Gerda war gehörlos und daher auf besondere Zuwendung angewiesen. Cläre Tisch arbeitete nun unter der Leitung von Clara Samuel, der Vorsitzenden der Wuppertaler Ortsgruppe des Jüdischen Frauenbunds, in der Kinder- und Jugendarbeit der Gemeinde, zu der auch die Verwaltung der deutschlandweit zentralen Adoptionsstelle für jüdische Waisenkinder gehörte.

Am Morgen des 10. November 1938 sorgte Cläre Tisch dafür, dass die Möbel und das Inventar der brennenden Synagoge geborgen und eingelagert wurden.

Obwohl sich frühere Kollegen und Vorgesetzte ihrer Bonner Zeit darum bemühten, ist es Cläre Tisch nicht mehr gelungen, rechtzeitig ins Ausland zu emigrieren. Ihre Briefe sind ein Zeugnis für die verzweifelten Bemühung, vor der Verfolgung einen Ausweg ins sichere Ausland zu finden. Aber alle Pläne scheiterten: Am 10. November 1941 wurde sie mit ihren beiden Schwestern, ihrem Schwager und ihrer Nichte und rund 260 weiteren Wuppertaler Jüdinnen und Juden nach Minsk deportiert und vermutlich sehr bald dort ermordet. Sie war 34 Jahre alt.

 

FrauenOrte NRW hat zum Ziel, weibliche Persönlichkeiten der Landesgeschichte stärker ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Ihre beeindruckenden Lebensgeschichten sollen sichtbar und durch ihre jeweiligen Perspektiven ein Blick auf ihre Zeit geworfen werden. Es sind starke und mutige Frauen, die mit ihrer Lebensleistung Vorbilder sein können. Die Etablierung der FrauenOrte würdigt diese Persönlichkeiten und ermuntert Mädchen und Frauen auch heute zur Mitgestaltung unserer Gesellschaft.


Eine Initiative der Wupperfrauen e.V. beim FrauenRat NRW e.V. (angesiedelt beim Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW), in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Wuppertal, der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal und dem Weltcafé der evangelischen CityKirche Wuppertal

Cläre Tisch auf dem Passbild ihres Studierendenausweises (Foto: Archives d`etat de Geneve)